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Produkte ohne Kinderarbeit „Eine Garantie kann niemand geben“

Für Unternehmen sei es nicht leicht, die Arbeitsbedingungen all ihrer Zulieferer zu beurteilen, sagt Laura Franken vom Netzwerk econsense. mitmischen.de hat gefragt: Warum?

„Produktionsprozesse sind heute sehr, sehr kleinteilig“, sagt Laura Franken. © econsense/Daniel Flaschar

Viele Unternehmen lassen im Ausland produzieren oder beziehen Rohstoffe vorn dort. Vor Ort gelten oft andere Gesetze als hier. Wie schwierig ist es für Unternehmen zu beurteilen, ob alle ihre Zulieferer die Mitarbeiter fair behandeln?

Ein deutsches Unternehmen, das einen Auftrag ins Ausland vergibt, bekommt in der Regel nicht direkt ein fertiges Produkt geliefert. Tatsächlich sind Produktionsprozesse sehr, sehr kleinteilig. Große Unternehmen in Deutschland haben mitunter zehntausende Zulieferer. Und das sind nur die, mit denen das Unternehmen einen direkten Vertrag hat. Die haben dann aber wieder Verträge mit anderen Zulieferern und so fort. Deshalb sprechen wir eher von einem sehr weit verzweigten Netz von Zulieferern als von Ketten, die ja geradlinig von A nach Z verlaufen. Und aufgrund dieser Kleinteiligkeit ist es tatsächlich sehr schwer für ein Unternehmen, die Arbeitsbedingungen bei allen Zulieferern zu beurteilen. Zumal sich da auch immer wieder sehr schnell etwas ändern kann.

Wie können die Unternehmen darauf Einfluss nehmen, dass nicht etwa Kinder unter gefährlichen Bedingungen irgendwo in der Ferne für sie arbeiten?

Die Garantie, dass an jeder Stelle alle sozialen Standards eingehalten werden, kann leider niemand geben. Aber ein Unternehmen kann mit den Zulieferern, mit denen es direkte Verträge hat, klare Verhaltensregeln für die Arbeitsbedingungen vereinbaren. Diese Regeln denkt sich nicht jedes Unternehmen selbst aus, sondern sie beruhen auf ganz klaren, international anerkannten Anforderungen, zum Beispiel formuliert durch die Vereinten Nationen. Solche Verhaltensregeln muss dann wiederum der Zulieferer auch mit seinen Unterauftragnehmern festlegen.

Und wie überprüft das Unternehmen dann, ob die vereinbarten Regeln eingehalten werden?

Es kann sie vor Ort selbst überprüfen, in sogenannten Audits, also speziellen Untersuchungsverfahren oder aber diese von Spezialisten durchführen lassen. Und es kann für die Zulieferer Trainings anbieten und sie darin schulen, selbst auf die Umsetzung zu achten.

econsense ist ein Zusammenschluss großer international tätiger Unternehmen. Wie können Sie den Firmen zu „sauberen“ Liefer-Netzwerken verhelfen?

Wir unterstützen unsere Mitgliedsunternehmen auf zwei Arten. Erstens durch Austausch und Dialog. Dafür arbeiten wir in Kleingruppen zusammen, in denen sich unsere Mitglieder regelmäßig treffen und zu Nachhaltigkeitsthemen austauschen. Unsere Erfahrung ist, dass sie sehr viel voneinander lernen können. Manchmal laden wir Experten aus Politik, Wissenschaft oder Zivilgesellschaft ein, um auch diesen Austausch zu fördern. Oder wir bieten Workshops für kleinere Unternehmen, Studierende oder Journalisten an, um sie für Nachhaltigkeit zu begeistern.

Und zweitens?

Zweitens bieten wir auch ganz konkrete Hilfe an, wie die Unternehmen nachhaltiger arbeiten können. Wir erstellen zum Beispiel Leitfäden für ein nachhaltiges Lieferketten-Management. Oder Erklärvideos zum Thema „Menschenrechte in der Lieferkette“. Diese Materialien können die Unternehmen nutzen, um mit ihren Zulieferern dazu ins Gespräch zu kommen; deshalb bieten wir sie auch mehrsprachig an, zum Beispiel auf Spanisch und Mandarin. Die Materialien sind online auf unserer Plattform verfügbar, jeder kann darauf zugreifen, nicht nur unsere Mitgliedsunternehmen.

Für eine weitere Unterstützung von Produktionsstätten und Lieferanten im Ausland bieten wir Schulungen an. Diese Schulungen helfen dabei, Standards zukünftig eigenständig umzusetzen. Dabei lernen sie Techniken, wie sie Fehler in ihren Fabriken selbst erkennen und beheben können. Die Techniken werden dann auf ganz konkrete Themen angewandt, zum Beispiel Arbeitszeiten oder Arbeitssicherheit, Gesundheit oder Bezahlung.

Gibt es bestimmte Mindeststandards etwa beim Thema Kinderarbeit, die Sie von Ihren Mitgliedsunternehmen einfordern?

Uns ist wichtig, dass unsere Mitglieder sich ehrgeizige Ziele für ihr Nachhaltigkeitsmanagement setzen. Und dabei sollten sie sich an international anerkannten Standards orientieren. Das gilt natürlich auch für die Kinderarbeit. Ein Standard sind da zum Beispiel die „Kernarbeitsnormen“ der Internationalen Arbeitsorganisation. Eins von vier Grundprinzipien ist da die Abschaffung von Kinderarbeit.

Woher weiß ich, dass ein Unternehmen es ernst meint mit den Menschenrechten? Wenn ich ein Smartphone kaufe, ist klar, dass Rohstoffe und Einzelteile aus vielen Ländern kommen. Wie gehe ich sicher, dass dabei nicht irgendwo Kinder zu Schaden gekommen sind?

Es gibt zum Beispiel Unternehmen, die Menschenrechtsexperten einstellen. Die entwickeln dann im Unternehmen Systeme für den Schutz von Menschenrechten. Das zeugt schon von Ernsthaftigkeit. Man kann sich zum Beispiel zudem online den Nachhaltigkeitsbericht eines Unternehmens anschauen, um mehr über das Nachhaltigkeitsmanagement des Unternehmens zu erfahren.

Und es gibt natürlich auch verschiedene Siegel auf den Produkten selbst. Die Bundesregierung informiert darüber auf der Seite „Siegelklarheit“.

Wenn ein Unternehmen sich ernsthaft darum bemüht, fair produzierte Vorprodukte und Rohstoffe zu beziehen, werden seine Waren dann eigentlich automatisch sehr viel teurer?

Es kann natürlich passieren, dass die Kosten für einen Zwischenschritt der Produktion dadurch steigen. Ob dann das Produkt im Geschäft auch teurer wird, hängt vom Produkt und vom Unternehmen ab.

Aber mehr Nachhaltigkeit in der Lieferkette kann für Unternehmen auch wirtschaftliche Vorteile bringen. Wenn Mitarbeiter und Lieferanten unter guten Bedingungen arbeiten, wechseln sie wahrscheinlich seltener den Job. Und das spart wieder Kosten, weil das Unternehmen keine neuen Mitarbeiter finden und einarbeiten muss. Wenn ein Unternehmen langfristige und gute Beziehungen zu einem Lieferanten aufbaut, wirkt sich das auch oft sehr positiv auf die Produkt-Qualität aus.

Über Laura Franken

Laura Franken ist Referentin beim Nachhaltigkeitsnetzwerk econsense – Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft. Bei econsense betreut sie die Themen Wirtschaft und Menschenrechte, Nachhaltigkeit in der Lieferkette und Sustainable Finance. Zuvor war sie bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) tätig. Frau Franken studierte Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin und Public Policy an der Hertie School of Governance.

(jk)

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