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Rechtsextremismus Debatte um den Anschlag in Halle

Der Angriff auf eine Synagoge in Halle letzte Woche führte im Bundestag zu heftigem Streit. Einige Politiker machten die AfD mitverantwortlich für den Terrorakt. Diese wies das zurück und sah andere Ursachen.

Blumen, Kerzen und ein Plakat mit Aufschrift 'Nie wieder!' auf den Treppen einer Snyagoge

In vielen deutschen Städten gab es in den letzten Tagen Mahnwachen anlässlich des Anschlags in Halle – hier vor einer Synagoge in Düsseldorf. © picture alliance/David Young/dpa

Am 9. Oktober versuchte ein 27-jähriger Mann, mit Waffengewalt eine Synagoge in Halle zu stürmen. Dort feierten mehr als 50 Menschen das jüdische Versöhnungsfest Jom Kippur. Der Attentäter konnte nicht ins Haus gelangen und tötete daraufhin eine Passantin und später einen Mann in einem Döner-Imbiss, zwei weitere Menschen wurden schwer verletzt. Der 27-jährige hat inzwischen zugegeben, dass er aus Hass gegen Juden gehandelt habe.

Über das rechtsextreme Attentat diskutierten die Bundestagsabgeordneten am 17. Oktober in einer besonderen Debatte.

Doch schon vorher war der Anschlag in Halle sehr gegenwärtig im Parlament. Bevor der Sitzungstag begann, standen die Abgeordneten im Plenum auf, um der Opfer von Halle zu gedenken und ihre Verbundenheit mit allen Menschen jüdischen Glaubens zu zeigen. Bundestagspräsident Wolfang Schäuble bezeichnete den Anschlag als „terroristischen Akt“ mit dem klaren Ziel, „möglichst viele Juden zu töten“. Es sei unsere Pflicht, dafür zu kämpfen, dass jeder in Deutschland „die grundlegende Sicherheit erfährt, frei und selbstbestimmt zu leben.“

Auch in der folgenden Regierungserklärung der Bundeskanzlerin, in der es eigentlich um den Europäischen Rat ging, tauchte das Thema Halle immer wieder auf.

Was zwei Minister sagen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach in der Debatte zu Halle als Erster. Er befand, der Antisemitismus, die feindliche Einstellung gegenüber Juden, sei in unserer Gesellschaft leider fest verankert. Insofern rede man nicht nur über Halle, „sondern über eine Gesamtentwicklung in unserem Land“. Jüdische Einrichtungen müssten besser geschützt werden.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die auch an der Debatte teilnahm, ergänzte, sie wolle sich dafür einsetzen, dass strafbare rechtsextreme Äußerungen im sozialen Netz verfolgt und bestraft würden.

Streit mit der AfD

Als Vertreter der stärksten Oppositionsfraktion hatte Alexander Gauland für die AfD nach Seehofer das Wort. Er sprach von einer „beispiellosen Hetze“ gegen die AfD in den letzten Tagen. Die anderen Fraktionen hätten ihr vorgeworfen, das Klima geschaffen zu haben, in dem Gewalttaten wie die in Halle möglich seien. Gauland warf seinerseits der Bundesregierung vor, mit ihrer „Ausrufung der Willkommenskultur“ für Flüchtlinge eine „Radikalisierung und Spaltung der Gesellschaft“ bewirkt zu haben. „Wenn wir der rechte Arm des Rechtsterrorismus sein sollen, dann sind Sie der rechte Arm des islamistischen Terrors“, sagte er.

Was Gauland sagte, führte zu heftigem Widerspruch bei allen anderen Fraktionen. Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) nannte es eine „Schande“, dass die AfD sich angesichts des Anschlags zum Opfer stilisiere. Auch Lars Klingbeil (SPD) warf der AfD vor, den Vorfall für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. „Sie spalten und Sie hetzen und Sie machen Politik auf dem Rücken von Minderheiten“, hielt er der AfD entgegen.

Thema war auch mehrfach ein Text, den der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner auf Twitter geteilt hatte. Darin hatte es anlässlich der Mahnwachen überall in Deutschland geheißen: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“ Schließlich seien die Opfer in Halle ja eine „Deutsche, die gern Volksmusik hörte“, und ein „Bio-Deutscher“ gewesen. Der Tweet erwähnte nicht, dass der Anschlag ursprünglich einer Synagoge galt. Und auch nicht, dass der Täter danach einen Dönerimbiss unter Beschuss genommen hatte. Über Brandner sagte Petra Sitte (Die Linke) deshalb: „Dieser Mann gehört nicht in den Deutschen Bundestag.“

Welche Konsequenzen sollte die Politik ziehen?

Linda Teuteberg (FDP) betonte die besondere Verantwortung Deutschlands, „dass Jüdinnen und Juden sicher in unserem Land leben dürfen“. „Jüdisches Leben in Deutschland muss geschützt werden“, sagte auch Lars Klingbeil. Wie man das gewährleisten könne, darüber wurde diskutiert.

Mehrere Abgeordnete forderten, mehr Geld für Initiativen gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus auszugeben. Diejenigen, die sich für Demokratie einsetzten, müssten besser unterstützt werden.

Katrin Göring-Eckardt kritisierte, die Regierung habe beim Thema Rechtsextremismus zu lange nicht entschlossen gehandelt. Dem widersprach Thorsten Frei (CDU/CSU). Es sie unfair, „so zu tun, als wäre die Bundesregierung auf dem rechten Auge blind.“ Die Regierung habe viel getan gegen Rechtsextremismus.

Die kontroverse und teilweise emotionale Debatte könnt ihr euch hier anschauen:

(jk)

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