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Abstimmung Bundestag beschließt Lobbyregister

Was ist ein Lobbyregister? Und was überhaupt sind Lobbyisten? Was genau steht im neuen Gesetzentwurf zum Thema und was sagen die Abgeordneten dazu? Das alles erfahrt ihr hier.

Aktivisten einer Demo als weiße und schwarze Schafe verkleidet

Seit Jahren fordern Aktivisten den Lobbyismus zu deckeln und „schwarze Schafe“ ans Licht zu bringen. © picture-alliance/dpa/dpaweb | Daniel Karmann

Für viele gelten sie als die eigentlichen Strippenzieher der Politik, als die wahren Gesetzemacher. Im Geheimen, hinter verschlossenen Türen würden sie Politiker beeinflussen, sagen Kritiker. Für andere sind sie unverzichtbar für den parlamentarischen Alltag, damit Abgeordnete viele Informationen bekommen und sich eine Meinung bilden können. Die Rede ist von Lobbyisten.

Wer die Lobbyisten sind und wie sie sich zu verhalten haben, wollten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD nun transparent, also für jeden einsehbar gestalten. Die Koalitionsfraktionen haben deshalb vergangene Woche einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag vorgelegt. Der Entwurf wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der AfD angenommen. Die Abgeordneten von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Was sind Lobbyisten?

Lobbyisten sind Interessenvertreter, oft aus der Wirtschaft, die Politiker treffen, beraten und auch beeinflussen. Das Wort lobby, Englisch für Vorhalle, geht auf das lateinische Wort für Galerie oder Bogengang zurück. Bildlich gesprochen bedeutet das: Politiker und Lobbyisten treffen sich in den Vorräumen der Parlamente. Also dort, wo nicht unmittelbar über Gesetze entschieden wird, sondern dort, wo sie verhandelt werden.

Lobbyismus ist schon immer Teil demokratischer Prozesse: Vertreter von Firmen, Verbänden und Organisationen gehen auf Politiker zu und informieren und beraten diese bei wichtigen Entscheidungen und auch bei Gesetzentwürfen.

Ein Beispiel: Der Bundestag will ein Gesetz verabschieden, dass einen bestimmten Industriezweig betrifft. Logisch, dass dann Interessenvertreter dieses Zweiges hellhörig werden. Sie wollen schließlich möglichst günstige gesetzliche Bedingungen. Also gehen sie auf Abgeordnete zu und versuchen, diese von ihren Argumenten zu überzeugen.

Was soll ins Lobbyregister?

Klar ist: Politiker können nicht alles wissen. Sie sind auf den Rat von außen angewiesen. Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder heftige Kritk an der Arbeit der Lobbyisten. Nämlich immer dann, wenn ihnen vorgeworfen wird, unrechtmäßig Einfluss auf die Politik zu nehmen. In der Öffentlichkeit verstärke sich „das Unbehagen gegenüber den Tätigkeiten und dem Ausmaß des Einflusses von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern auf die Politik“, schreiben die Koalitionsfraktionen in ihrem Gesetzentwurf.

So viel zum Anlass, aber was steht drin im Gesetzentwurf? CDU/CSU und SPD wollen ein neues Lobbyregister für den Bundestag schaffen. Darin sollen sich nun alle Interessenvertreter eintragen, die gegenüber dem Bundestag auftreten und dabei „im demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess mitwirken“.

Lobbyisten sollen zudem einem Verhaltenskodex zustimmen: Darin stehen Grundsätze wie „Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität“. Integrität heißt, dass jemand unbestechlich, zuverlässig und vertrauenswürdig ist.

Die Lobbyliste

Eine sogenannte Lobbyliste gibt es bereits seit 1972 beim Bundestag. Der Unterschied: Wer sich hier einträgt, tut das freiwillig. Aktuell befinden sich 2.289 Organisationen, Verbände und Unternehmen auf der Liste.

Was sagen die Abgeordneten zum Gesetzentwurf?

CDU/CSU: Gut für die Demokratie

Patrick Schnieder von der Unionsfraktion sagte, „Interessenvertretung ist nicht per se etwas Schlechtes“. Lobbyismus habe einen negativen Beigeschmack, sei aber zugleich etwas Wichtiges und Gutes für die Demokratie.

Er sei sehr froh, dass das neue Gesetz nun zum Abschluss gebracht sei.

AfD: Transparenz auf allen Ebenen

„Jeder sollte das Recht haben, angehört zu werden und für sich zu werben“, betonte Thomas Seitz von der AfD-Fraktion. Aber die Regeln zur Transparenz sollten noch für weitere Berufsgruppen gelten – etwa für Beamte in Ministerien. Die aber seien im Gesetzentwurf davon ausgenommen, kritisierte er.

Außerdem zeigte er sich unzufrieden über einen „Katalog an Ausnahmen“. Als Beispiel nannte er die Kirchen, die sich nicht registrieren müssten.

SPD: „Wir haben es erreicht“

Seit zehn Jahren nun fordere die SPD ein effektives und verbindliches Lobbyregister, sagte Matthias Bartke und fasste für seine Fraktion zusammen: „Wir haben es erreicht.“

Er zeigte sich dennoch enttäuscht, dass seine Fraktion nicht „durchbekommen“ habe, dass auch alle Lobbyistenkontakte und alle Stellungnahmen von Lobbyisten veröffentlicht werden. Heißt: Wer wen wann getroffen hat und worüber genau gesprochen wurde.

FDP: „Löchrig wie ein Schweizer Käse“

Kirchen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, Gewerkschaften – dass einige der größten Lobbyverbände von der Registrierungspflicht ausgenommen seien, kritisierte der FDP-Abgeordnete Marco Buschmann. Das sei der Hauptmangel dieses Lobbyregistergesetzes, sagte er weiter.

Der Entwurf enthalte „scheunentorgroße Ausnahmen, er ist löchrig wie ein Schweizer Käse“.

Linke: Unzufrieden mit dem Zustandekommen

„Das Lobbyregister ist längst überfällig“, sagte Friedrich Straetmanns von der Linksfraktion. Unzufrieden zeigte er sich aber weniger mit dem Inhalt als viel mehr mit dem Zustandekommen des Gesetzes:

Immer, wenn die Union öffentlich „unter Beschuss“ geraten sei, sei sie mit dem Lobbyregister „um die Ecke“ gekommen. Mit der besseren Kontrolle von Lobbyismus sei es der Union in Wahrheit aber gar nicht ernst, so Straetmanns. Er spielte damit auf manche ehemalige Abgeordnete von CDU/CSU an, die jüngst wegen Bestechlichkeit in die Kritik geraten waren.

Grüne: „Legislativer Fußabdruck“ fehlt

Auch die Grünen-Abgeordnete Britta Haßelmann fragte die Koalitionsfraktionen, „warum Sie nur handlungsfähig sind, wenn Druck im Kessel ist“. Auch sie bezog sich dabei unter anderem auf die sogenannte Maskenaffäre um Georg Nüßlein. Dem ausgeschiedenen Abgeordneten werden Bestechlichkeit und Privatgeschäfte mit Corona-Masken vorgeworfen.

Wie anderen Abgeordneten auch fehlte Haßelmann am Lobbyregistergesetz der sogenannte „legislative Fußabdruck“. Es müsste genau dokumentiert werden, welche Interessenvertreter ein Gesetz bei seiner Entstehung beeinflusst haben.

Die gesamte Debatte könnt ihr auf bundestag.de nachlesen oder euch im Video anschauen.

(loh)

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