PPP-Stipendiaten in den USA Katharina, 24, vom Kölner Trubel in die Idylle von Illinois
Von der Großstadt ins kleine Dorf, vom Wohnen alleine zur internationalen WG, vom Schichtdienst-Arbeiten zurück auf die Schulbank und natürlich von Deutschland nach Amerika! Das PPP hält viele Veränderungen für Katharina bereit. Hier schreibt sie über weitere Überraschungen und Herausforderungen während des Auslandsjahres und ihre hoffentlich unvergessliche Zeit in den USA.

Katharina besucht für ein Jahr das Wabash Valley College in Illinois. © privat
Das Wichtigste in Kürze
Ich bin Katharina, 24 Jahre alt und komme aus Troisdorf in NRW. Vor sechs Jahren bin ich für meine Ausbildung als Mediengestalterin für Bild und Ton von der Küste aus der Nähe von Cuxhaven nach Köln gezogen. In meiner Freizeit unternehme ich gerne etwas mit meinen Freunden und spiele Fußball im Verein. Um nach sechs Jahren Berufsleben mit Schichtdienst noch einmal einen neuen Blickwinkel zu bekommen, habe ich mich fürs PPP beworben. Außerdem wollte ich schon immer mal für längere Zeit im Ausland leben und die USA hat mich schon immer gereizt.
Neben einem Vollzeit-Job bleibt nicht sehr viel Zeit, aber nicht zuletzt durch die vollgepackten vergangen zwei Wochen ist einiges zusammengekommen, das es sich zu erzählen lohnt. Aber fangen wir erst einmal von vorne an:
Tornado-Warnung und Erbeben, das Wetter fährt Achterbahn
Mit ein wenig Vorlauf kündigte sich am Freitag, den 14. März, ein Tornado für meine Region an. Zwar sollte der mögliche Tornado meine Stadt nicht direkt treffen, aber Hagelschauer und Sturmböen waren möglich. In der Vorbereitung wurde das Haus sturmfest gemacht und die restliche Familie kam vorbei, um im Notfall in den Keller zu gehen. In Amerika haben nämlich nur wenige Häuser einen Keller. Der Freitag war an sich vom Wetter her ein warmer Frühlingstag – wir hatten die ganze Woche Temperaturen von mehr als 20 Grad gehabt und ordentlich Sonne abbekommen.
Um einen vernünftige Portion Schlaf vor der Arbeit zu bekommen, ging ich gegen 20 Uhr zu Bett. Um 1:40 Uhr wurde ich dann allerdings aus dem Schlaf gerissen von dem Aufheulen der Sirenen. Diese befinden sich nur ein paar Häuser weiter und so stand ich nahezu aufrecht im Bett. Kurz darauf klopfte es auch an meiner Zimmertür und Erin teilte mir mit, dass sie alle in den Keller gehen würden. Ich folgte ihnen und wir verbrachten ungefähr eine Viertelstunde im Untergeschoss. Die drei Enkelkinder waren sehr verschlafen und hingen mit ihren Kuscheldecken auf ein paar Klappstühlen. Da es draußen zwar stürmisch war, aber wohl keine akute Gefahr bestand, gingen wir schließlich wieder nach oben. Ein herannahender Tornado würde sich wie ein Zug anhören, wurde mir erzählt. Die restliche Nacht blieb es auch ruhig ohne weitere Sirenen und ich konnte nach ungefähr eine Dreiviertelstunde wieder in den Schlaf finden, bevor um kurz vor 4 Uhr dann der Wecker klingelte.
In der Nacht hatte ein Tornado die Stadt Oakland City, die ungefähr 45 Minuten entfernt liegt, erwischt und Schaden angerichtet. Die Tornado-Saison hatte gerade erst begonnen. Seit dem gab es weitere Sturm- und Tornado-Warnungen, aber bisher ist es meistens ruhig geblieben. Allerdings habe ich gelernt, das wir in einem Erdbeben-Gebiet leben. Vor kurzem gab es ein Erdbeben der Stärke 2.4; klingt schlimmer als es ist. Normalerweise spürt man bis Stufe 4 oder 5 nichts von einem Erdbeben.
Tornados, Erdbeben, was kommt als nächstes? Zumindest leben wir nicht am Meer, was das Risiko für einen Tsunami drastisch reduziert. Mittlerweile haben wir meist sonniges Wetter mit herrlichen Temperaturen, auch wenn es hin und wieder ordentlich schüttet.
„Sometimes you have to be a little bit naughty“
Am Wochenende nach der ersten Tornado-Warnung wurde das Musical „Mathilda“ im Theater des College aufgeführt. Viele Erwachsene und Kinder aus der Umgebung haben sich an der Aufführung beteiligt. Theo, der Enkel von Erin, hat mitgespielt und Amanda, die im International Office des Colleges arbeitet, hat Regie geführt. Deshalb konnte ich mir das natürlich nicht entgehen lassen. Es war wirklich ein schöner Abend! Es war das erste Mal das ich dieses Musical gesehen habe. Dadurch das alle Beteiligten keine hauptberuflichen Musical-Darsteller waren, bekam das Ganze auch noch mal einen ganz besonderen Charme, auch wenn nicht immer alles reibungslos ablief.
Live Fernsehen und Chicken Finger
Dass mein Job nur wenig kreativ ist und auch nicht gerade viel mit meinem eigentlichen Beruf zu tun hat, muss ich nicht noch mal erwähnen. Um das auszugleichen, bin ich einmal die Woche immer noch On Air beim College-Radiosender. Außerdem habe ich angefangen, ein wenig an einer Instagram-Seite für meine Fußballmannschaft zu basteln, wobei ich mich an ein paar Grafiken probiere. Da das allerdings noch nicht genug ist, bin ich vor ein paar Wochen noch einmal zu meinem Lehrer aus dem letzten Semester gegangen und habe ihn gefragt, ob ich sonst noch irgendwie helfen kann und siehe da: Eine Woche später war ich schon mit einer College-TV-Crew von insgesamt sieben Leuten auf dem Weg zu den Super Sectionals im High School Girls Basketball. Das ist das letzte Spiel vor den Final Four, den Bundesstaats-Meisterschaften. Die College-TV-Station wurde unabhängig von den dort gegeneinander antretenden Mannschaften vom Verband der High School Basketball Liga beauftragt. Dennoch ergab es sich, dass an dem Montag im rund zweieinhalb Stunden entfernten Tolono unsere Mannschaft, die Mount Carmel Lady Aces, gegen die Lady Irish antraten. Mit insgesamt drei Kameras und zwei Kommentatoren übertrugen wir das Spiel aus der High School Turnhalle. Auch wenn wir eigentlich unparteiisch waren, freuten wir uns dennoch ein kleines bisschen, dass die Lady Aces das Spiel für sich entscheiden konnten. Mit dem dritten Platz bei den folgenden State Final Four, krönten sie dann die historische Saison. Nie zuvor hatte sich das Team überhaupt für die Super Sectionals, geschweige denn für das State Final qualifiziert.
Am darauffolgenden Montag ging es dann mit der gleichen Crew auch rund zweieinhalb Stunden in die andere Richtung nach Carbondale, zur Southern Illinois University. Dort fand das Super Sectional Spiel der Jungs statt. Die Jungs bekamen direkt das große Uni-Gym in dem die Mädels am Wochenende zuvor ihr Final Four ausgetragen hatten.

Katharinas Kameraposition bei den Super Sectionals im Basketball. © privat
Dieses Mal hatten wir sogar vier Kameras am Start und unser Kommentatoren-Duo war auch wieder dabei. Bei beiden Spielen habe ich die Position der Eins übernommen, also von einer erhöhten Position das Spielfeld bzw. die Spielhälfte des Geschehens abgedeckt.
Auf dem Rückweg gab es dann noch einen lebensveränderndes Erlebnis für Max, einen meiner Mitstudenten: Da wir bereits vor 13 Uhr aufgebrochen waren und es nach dem Spiel auf 20 Uhr abends zuging, wurde natürlich ein Fast-Food-Abendessen-Stopp eingelegt. In der größeren Stadt Carbondale hatten wir die Qual der Wahl an Fast-Food-Läden, doch ziemlich schnell fiel die Wahl auf Raising Canes, wie die Mehrheit meinte, der beste Laden von allen. Weder Max noch ich waren zuvor dort gewesen. Bei mir ist das keine Überraschung, aber Max lebt immerhin sein ganzes Leben schon hier in der Region. Die Fast-Food-Kette ist für ihre Chicken Finger bekannt und da musste ich diese natürlich auch probieren. Und was soll ich sagen? Die sind echt verdammt gut! Für Max war das ein richtiges Erlebnis und er beteuerte hinterher immer wieder, dass der Laden von nun an sein liebstes Fast-Food-Restaurant sei.
Der erste Feiertag
Den ersten Feiertag mit der Gastfamilie habe ich anlässlich des Osterfestes feiern dürfen. Am Samstag begann der Morgen mit einer Ostereiersuche für die Enkelkinder bevor es anschließend ein Mittagessen mit der gesamten Familie gab. Zwischendurch musste ich allerdings noch zum Spiel meiner kleinen Kicker. Ich habe nämlich wie bereits im vergangenen Jahr als Volunteering eine Kinder-Fußball-Mannschaft trainiert. Der Ostersamstag war insgesamt ein sehr schöner Tag mit der erweiterten Familie und abends bin ich noch mit meiner Host-Mum zur Kirche gegangen. Es war das zweite Mal, dass ich in Amerika eine Kirche besucht habe – das erste Mal war zu Thanksgiving. Zugegeben, der drei Stunden lange Gottesdienst zog sich an der einen oder anderen Stelle, war aber insgesamt ein sehr interessantes Erlebnis. Grundsätzlich würde ich sagen, dass sich das Osterfest hier nicht besonders von dem unterscheidet, wie ich es sonst in Deutschland feiere. Lediglich dass hier Plastik-Eier gesucht werden, ist ein bisschen anders.
Das volle Amerika-Erlebnis
Auch wenn neben meinem Vollzeit-Job nicht unbedingt viel Zeit bleibt, versuche ich meine freien Tage zu nutzen. Oft bin ich mit Leon, dem anderen PPPler aus Mt. Carmel unterwegs. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch von zwei Rollschuh-Bahnen hier in der Umgebung. Das pure Amerika-Feeling! Die ersten Schritte auf den ungewohnten Schuhen waren ein wenig wackelig, aber mit der Zeit hatten wir den Dreh raus und eine Menge Spaß.
Auch wenn wir keine College-Studenten mehr sind, haben wir es uns nicht nehmen lassen, die Graduation mitzuerleben. Mit dem typischen Gewand und der Kopfbedeckung sind die Absolventen in die Turnhalle eingelaufen und haben ihre Zertifikate entgegengenommen. Der Abend war außerdem eine schöne Gelegenheit, viele meiner Bekannten wiederzusehen, mit denen ich letztes Semester bei den Ausflügen, im Unterricht oder einfach auf dem Campus Zeit verbracht hatte. Mit dem Ende des Semesters sind nämlich so gut wie alle Studenten nach Hause zurückgekehrt.

Eine richtige amerikanische Graduation mit Robe und Hut! Zusammen mit Levi (Director International Program College), Lopez (Internationaler Student), Leon (PPPler) (v.l.n.r.) © privat
Ein Bucket-Listen Samstag mit jeder Menge Amerika
Ein Punkt auf meiner Bucket-List war der Besuch einer Cheer-Sport-Competition. Am frühen Morgen ging es für mich auf den Weg nach Louisville, Kentucky. Dort fand das State Final im Cheerleading statt. Es war für die Teams ein Abschluss der zu Ende gehenden Saison. Unterschiedliche Altersgruppen und Schwierigkeitslevel zeigten auf einer Bühne in der Messehalle ihr Können. Die athletischen Leistungen der Mädels waren echt beeindruckend und es wurde ziemlich laut in der Halle.
Insgesamt war es ein sehr interessantes Erlebnis, auch wenn ich mir zwischenzeitlich etwas verloren vorkam. Ich bin dennoch froh, hingefahren zu sein, um das einmal erleben zu können. Als ich am Nachmittag wieder zurück war, traf ich mich dann mit drei Freunden bei Leon. Bei der Überlegung, was wir noch mit dem übrigen Tag anfangen wollen, kamen wir auf die Autorennbahn Tri-State Speedway, die ungefähr 40 Minuten Fahrtweg entfernt an dem Tag Saisonauftakt hatte. So ging es also am frühen Abend zu meinem ersten Autorennen.

Katharina mit ihren Freunden bei einem Autorennen auf einer Sandbahn. © privat
Das ganze Erlebnis war Amerika pur! Während der Nationalhymne wurde die Flagge aus Autos geschwenkt, es war laut und stank ziemlich nach Abgasen. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht. Die kleinen Flitzer waren ziemlich schnell und sind auf der Dreck-Bahn in den Kurven ordentlich gedriftet. Da die Autos mit Ethanol betrieben werden, führte es am Ende dazu, dass ich mich am nächsten Morgen nach einer viel zu kurzen Nacht bei der Arbeit doch tatsächlich ein bisschen verkatert gefühlt habe.
Mit Besuch aus Deutschland ab in die Sonne
Lange angekündigt und doch dann ganz plötzlich war ich zwei Tage später auch schon wieder auf dem Weg nach Louisville. Dieses Mal war aber der Flughafen mein Ziel. Nach fast zehn Monaten war das Wiedersehen mit meinem Papa und seiner Frau Anke dann doch emotionaler, als ich zuerst gedacht hatte.
„Du hast geweint?“ Die erstaunte Nachfrage später von Leon, als ich ihm davon erzählt habe, da er mich bislang doch eher als nicht ganz so emotional kennengelernt hatte.
Die Vorfreude war ziemlich groß auf die nächsten Tage, die wir in und rund um Mount Carmel miteinander verbringen wollten. Eine große Campus Tour über das College Gelände und einen Besuch beim Football-Feld der High School inklusive. Auch wenn das Wetter nicht immer ganz mitgespielt hat, haben wir eine schöne Zeit gehabt, bevor die beiden dann auf ihre weitere Reise gegangen sind.

Ihrem Vater und seiner Frau hat Katharina nicht nur ihr amerikanisches Zuhause gezeigt, sondern auch nochmal einen Ausflug nach Florida gemacht. © privat
Das Ziel ihrer Reise im Süden Floridas war auch meines, als ich am Sonntag in der folgenden Woche in den Flieger stieg. Nach einem kleinen Zwischenstopp in Tampa, Florida, erreichte ich am späten Abend Fort Lauderdale, direkt neben Miami. Dort gelandet gab es dann auch das Wiedersehen mit meinem Papa und Anke, mit denen ich mir nun ein paar schöne Tage in der Sonne Floridas machen wollte.
Gegen 23 Uhr abends kamen wir dann an unserer Unterkunft an, wo wir noch ein wenig draußen saßen, bis wir den neuen Tag begrüßen konnten. Mit einem traditionellen Schachtelkranz begann für mich damit mein neues Lebensjahr. In Norddeutschland heißt es nämlich, mit 25 bist du eine alte Schachtel.
Da der erste „richtige“ Tag etwas verregnet war, machten wir eine Bootstour durch die Wasserwege des Venedig von Amerika, wie die Region Fort Lauderdale auch genannt wird. Wir sahen sehr beeindruckende Villen und Yachten. Außerdem erklärte der Tourguide bei gefühlt jedem Haus, dass dort dieser oder jener CEO von allen möglichen Firmen wohnen soll.
Am zweiten Tag jagte ich meinen Papa dann durch Miami, wo wir uns im Wynwood-Viertel die bunt besprühten Wände ansahen. So schön die Graffitis und Malereien auch waren, so dreckig war aber der Rest der Straßen. Es war ganz interessant die Stadt einmal zu sehen, nachdem ich bei meinem ersten Besuch rund um Silvester keine Gelegenheit dazu hatte. Allerdings glaube ich nicht, dass ich noch einmal wiederkommen werde. Zumindest nicht in die Stadt mit den Hochhäusern, die angrenzende Stadt Fort Lauderdale hingegen überzeugte mit Sauberkeit und Charme.

In Miami gefielen Katharina vor allem die Graffiti im Stadtteil Wynwood. © privat
So verbrachten wir den dritten Tag am Strand und schlenderten am Abend an den kleinen Geschäften und Restaurants entlang. So regnerisch es am ersten Tag war, so erbarmungslos schien die Sonne während unseres Strand-Tages. Keine Wolke am Himmel, 30 Grad, was will man mehr? Zumindest keinen Sonnenbrand, so wie ich ihn mir einhandelte. Rot wie ein Krebs ging es dann am Donnerstag also wieder zum Flughafen. Dort verabschiedete ich mich von meinem Vater und seiner Frau, die dann über Chicago zurück nach Deutschland geflogen sind und stieg rund zwei Stunden später in den Flieger nach Indianapolis. 2 Stunden und 24 Minuten Flug sowie 2 Stunden 30 Minuten Fahrt später war ich dann wieder in Mount Carmel. Schon lustig wenn man diese Zeiten vergleicht und die Strecke, die man jeweils zurückgelegt hat. Mehr als 1000 Meilen im Flug und 200 Meilen auf der Straße sind da doch schon ein kleiner Unterschied.
Kleiner Wink aus Deutschland
In Vorbereitung auf dieses Auslandsjahr musste ich einige Dinge organisieren. Meinen Job konnte ich glücklicherweise pausieren, wofür ich sehr dankbar bin. Vor ein paar Wochen hatte ich auch schon ein Gespräch mit meinem Abteilungsleiter über die kommende Zeit und ich bin gespannt, was mich da alles erwarten wird, wenn ich zurück bin.
Für meine Wohnung aber konnte ich damals keine Lösung finden. Auf meine Anzeige zur Zwischenmiete bekam ich keine wirklich passenden Anfragen und so blieb mir vor fast genau einem Jahr nur eins übrig: meine Wohnung zu kündigen. Da meine Zeit hier aber nun zu Ende geht (wie oft ich das wohl in der letzten Zeit erwähnt und gedacht habe?), wurde es Zeit, tiefgründigere Gedanken an das „nach Hause kommen“ zu verschwenden. Und was brauche ich also? Ein neues zu Hause, um irgendwo wieder anzukommen. Ich habe zwar von diversen, lieben Menschen übergangsweise eine Couch in Aussicht gestellt bekommen, aber das wäre ja keine dauerhafte Lösung. Also wurde die Großoffensive „Wohnung gesucht!“ gestartet. Ich habe Flyer auf diversen Seiten geteilt und die typischen Seiten durchsucht.
Während ich bei der Cheer-Competition in Louisville war, hatte sich eine Frau tatsächlich auf eine meiner Anzeigen gemeldet und mir die Wohnung ihrer Tochter, die nun ausziehen würde, angeboten. Die Eckdaten und Bilder sahen gut aus, sodass ich meine Mutter aufgescheucht habe, die dann den „kleinen“ Weg von fünf Stunden auf sich genommen hat, um einmal live die Wohnung anzuschauen.
Währenddessen habe ich mich bei der Arbeit ins Lager verkrümelt, um mich per Facetime dazuzuschalten und nach rund zehn Minuten direkt „Ja“ zu sagen. Für meine Rückkehr nach Deutschland ist also alles vorbereitet, auch wenn ich noch ein bisschen Zeit habe.
Time flies by…
In rund einem Monat heißt es Abschied nehmen von meinem kleinen Fleckchen Amerika, das ich in den letzten Monate kennen und lieben gelernt habe. Am 17. Juni steige ich den Flieger und verlasse mein kleines Mount Carmel und die wunderbaren Menschen, die ich nun meine Freunde nennen darf. Manchmal scrolle ich durch meine Fotogalerie auf dem Handy und bin immer wieder erstaunt, was ich alles schon erlebt habe. Die Zeit rennt und ich freue mich auf alles, was noch kommt. Ich bin auch noch nicht ganz bereit, Abschied zu nehmen. Ein Jahr ist dann doch manchmal viel zu kurz.
Die Zeit vergeht hier so schnell und in den letzten Monaten ist sehr viel passiert: Meine Zeit am College ist zu Ende gegangen, ich habe Thanksgiving, Weihnachten und Silvester gefeiert, ich war in New York City und Miami, bin umgezogen und habe einen Job gefunden. Aber lest selbst:
Thanksgiving - Dankbarkeit und Gemeinschaft
Eines der bedeutendsten Feste der Amerikaner ist wohl Thanksgiving, an diesem Tag wird die Gemeinschaft gefeiert. Die internationalen Studenten, die nichts geplant hatten, waren eingeladen, einem Essen in der Kirche beizuwohnen. So lud ich gegen Mittag meine Mitbewohnerinnen ins Auto und wir genossen ein sehr leckeres Essen mit dem typischen Truthahn, leckeren Stuffing und allerhand anderer Dinge in dem Gemeinschaftssaal einer der örtlichen Kirchen. Wenig spektakulär, aber die gemeinsame Zeit haben wir genossen.

Das gemeinsame Thanksgiving-Essen in der örtlichen Kirche. © privat
Am folgenden Freitag haben wir dann ein internationales Friendsgiving in unserem Dorm-Apartment veranstaltet. Wir waren insgesamt neun Leute aus vier Nationen und haben zusammen chinesisches HotPot gegessen. Ich bin sehr dankbar für all die Erfahrungen, die ich bisher hier in Amerika machen durfte, ich bin dankbar für die Menschen die ich getroffen habe und für alles was mich in der zweiten Hälfte noch erwartet.
It’s Graduation-Time!
Kurz darauf waren auch schon die sechzehn Wochen im College vorbei. Mit einer kleinen Zeremonie wurden uns unsere Zertifikate überreicht und wir haben unsere College-Zeit Revue passieren lassen. Mit Amanda, Tracy und Levi vom Internationalen Büro des Colleges gab es ein sehr nettes Zusammensein. Meine Noten habe ich in der folgenden Woche dann auch bekommen und kann sehr zufrieden sein mit tadellosen Bewertungen für meine vier Kurse. Ich habe die Zeit sehr genossen und würde glatt weiter machen mit dem Radio/TV-Programm, aber freue mich auch auf die nächsten Herausforderungen, die kommen werden.

Die Zeugnisausgabe, auch Graduation genannt, am Ende des College-Kurses. © privat
Ich war noch niemals in New York, oder doch?
Die Zeit zwischen dem Ende der College-Zeit und dem Start der Jobphase habe ich ein bisschen zum Reisen genutzt. Erst war ich mit „meiner“ Mount Carmel Gruppe für ein Wochenende noch einmal in Chicago. Wir waren auf dem Christmarket, ein typisch deutscher Weihnachtsmarkt auf dem es richtigen Glühwein, Bratwurst und Weihnachtsschmuck gab. Vieles davon aus Deutschland eingeflogen, sogar die Budenbetreiber, die jedes Jahr ihre Vorweihnachtszeit in Chicago verbringen und ansonsten in Deutschland leben.
Nach dem Kurz-Ausflug gab es einen Tag Pause bevor es auf eine mehr als 14-stündige Autofahrt ging. Zusammen mit Leon, Ron und Tim machte ich mich auf den Weg in den Big Apple – es ging nach New York. Nach der ewigen Fahrerei folgten fünf Tage in der beeindruckenden Stadt an der Ostküste. Wir ließen es meistens eher ruhig angehen ohne viel Stress, haben aber dennoch eine Menge unternommen. Wir waren auf der Insel der Freiheitsstaue und Ellis Island (dort sind früher die Einwanderer angekommen und es wurde entschieden, ob sie einreisen dürfen), haben mehr als vier Stunden im sehr eindrucksvollen 9/11-Museum verbracht und einen Spaziergang durch den Central Park gemacht. Natürlich haben wir auch den berühmten Tannenbaum vorm Rockefeller Center gesehen, wo es allerdings sehr voll war und es deshalb bei einem kurzen Besuch blieb. Und wir haben den Sonnenuntergang auf dem Empire State Building mit Blick auf die Stadt bei Dämmerung und Nacht genossen. New York ist eine sehr beeindruckende Stadt, die sehr viele Menschen anzieht und wirklich niemals schläft.

Die Freiheitsstatue in und das 9/11-Memorial in New York City. © privat
Auf dem Rückweg haben wir noch einen Umweg nach Shanksville, Pennsylvania gemacht. Dort ist das vierte Flugzeug am 9/11 abgestürzt, nachdem die mutigen Passagiere mit den Geiselnehmern gekämpft hatten. So konnten sie Schlimmeres verhindern, auch wenn sie ihr Leben lassen mussten. Glück im Unglück, dass sie auf einem Feld abstürzten, denn eigentlich war das vermutliche Ziel das Capitol in Washington D.C., wo es zu weit höheren Opferzahlen gekommen wäre. Das Memorial in Shanksville erzählt noch einmal genauer und tiefgehend die Schicksale der 44 Menschen an Board des Flug 93 vom 11. September 2001.
I wish you a merry Christmas!
Und schon war Weihnachten da! Durch die aufregende Zeit zuvor und wegen der wenig weihnachtlichen Umgebung bin ich nicht besonders in Weihnachtsstimmung gekommen, aber ich hatte für ein bisschen Deko gesorgt und sogar Santa Claus war da, um die Socken zu füllen. Ich habe Heiligabend mit meinen zwei Mitbewohnerinnen Janice und Joom, Lopez, einem internationalen Studenten aus Kamerun, und Leon aus dem PPP verbracht und wir haben chinesische Dumplings gegessen. Die folgenden Tage waren auch eher ruhig: Leons Gastfamilie, bei der er am 27. Dezember eingezogen ist, hat uns eingeladen und außerdem waren Leon und ich bei einer Bekannten vom College, wo wir Gulasch gekocht haben, als etwas typisch deutsches.
Happy new Year!
Das neue Jahr habe ich mit ein paar Freunden am Strand von Miami, Florida gefeiert. Für einen sehr kurzen Ausflug von vier Tagen haben wir uns dort getroffen, ein bisschen die Stadt erkundet und eine gute Zeit gehabt. Ins neue Jahr zu starten während man bei 26 Grad am Strand steht, ist echt noch mal eine neue Erfahrung und war wirklich sehr cool. Kaum war ich wieder in Mt. Carmel zurück, bin ich umgezogen. Durch einen Kontakt vom internationalen Office habe ich die Möglichkeit bekommen, Anfang des Jahres bei einer Gastfamilie – genauer gesagt bei Erin – einzuziehen. Nun leben wir gemeinsam in ihrem Haus und verbringen eine gute Zeit miteinander. Auch wenn wir beide eher ruhig sind, so bringen ihre drei Enkel im Alter zwischen fünf und neun regelmäßig Wirbel ins Haus, wenn sie zu Besuch sind. Und da die drei auf der anderen Straßenseite leben, passiert das wirklich sehr regelmäßig. Mir gefällt die neue Wohnsituation sehr gut und ich bin dankbar, dass meine Erfahrung vom Leben im Dorm nun um die vom Leben in einer Gastfamilie erweitert wird.

Die Silvesternacht im Warmen am Strand zu verbringen, war etwas ganz Besonderes. © privat
Endlich einen Job!
Ein Thema, das mich einige Wochen genervt und ein wenig gestresst hatte, war die Job-Suche. Ich dachte, ich wäre mit meinen Referenzen und meiner bisheriger Joberfahrung ganz gut aufgestellt, aber dennoch gab es oftmals keine Antwort auf meine Bewerbungen und E-Mails. Mein Lehrer hat versucht, mir bestmöglich zu helfen und mich zu vermitteln. Aber auch das gestaltete sich leider als nicht besonders erfolgreich.
Mehr als zwanzig Bewerbungen habe ich geschrieben, darunter auch an Pizza Hut, Walmart und Aldi. Wirklich wählerisch, auf was ich mich beworben habe, war ich nach einer Weile nicht mehr, da mir die Zeit auch ein wenig weggelaufen ist. Am Neujahrsmorgen habe ich dann endlich einen positiven Anruf vom Supermarkt Walmart erhalten. Am Montag, den 6. Januar konnte ich zum Bewerbungsgespräch kommen und innerhalb weniger Stunden war alles klar. Mein erster Orientierungstag war dann auch schon der folgende Freitag und seitdem arbeite ich als Digital Personal Shopper bei Walmart. Kurze Erklärung, was ich dort mache: Immer mehr Menschen bestellen online ihre Einkäufe und lassen sich diese nach Hause liefern oder holen sie am Parkplatz ab. Etwas, das es bei uns in Deutschland besonders während Corona gab. Die Personal Shopper laufen durch den Laden und sammeln diese Bestellungen zusammen, bereiten diese für die Abholung vor und bringen sie dann nach draußen ans Auto oder übergeben diese an den Lieferanten. Ich arbeite nun immer von 5 bis 14 Uhr von Mittwochs bis Sonntags, das heißt mein Wochenende ist nun immer am Montag und Dienstag. Der Zeitraum gefällt mir ziemlich gut, da ich so den Nachmittag frei gestalten kann. Ich hatte zwar gehofft noch eine Rückmeldung von einer meiner Medien-Bewerbungen zu erhalten, aber leider hat sich nichts getan. Aber auch wenn der Job nicht unbedingt mein Traum ist, wird er den Zweck erfüllen und hält mich ein bisschen mehr auf Trab.
Zwischenseminar Washington D.C.
Anfang Januar stand auch schon unser Zwischenseminar in Washington D.C. an. Dort kamen alle TeilnehmerInnen des 41. PPP für junge Berufstätige zusammen in die Hauptstadt, um dort ein paar Tage zu verbringen. Die zwei Tage, die wir dort verbrachten, waren vollgepackt mit allerhand spannenden Dingen. Wir haben das U.S. Department of State besucht, wo wir auch bei einer Simulation zur Lösungsfindung einer fiktiven Flüchtlingskrise in die Rolle von Botschaftern geschlüpft sind, haben Gespräche mit Repräsentanten unserer Host-Communitys und Senatoren unserer Host-Staaten geführt. Außerdem haben wir eine Führung durchs Capitol bekommen und hatten ein wenig Pause von politischen Eindrücken beim Besuch des NHL-Spiels der Washington Capitals gegen die Anaheim Ducks. Außerdem war es sehr schön, alle wieder zu sehen. Wir haben uns gegenseitig auf den neusten Stand gebracht und die bisherigen Erfahrungen geteilt. Es ist spannend zu sehen, wie jeder zwar Teil des gleichen Programms ist, aber dennoch ein völlig unterschiedliches Jahr erlebt. Abhängig von der Umgebung (Stadt, Land, Staat, Region), der Art der Unterkunft (Dorm, Gastfamilie), der Konstellation in der Unterbringung und so vielen anderen Faktoren, die jede Erfahrung sehr individuell machen.

In Washington D.C. trafen sich alle PPP-Teilnehmende zur Halbzeit ihres Auslandsaufenthaltes. © privat
Eine neue Routine stellt sich ein
Langsam pendelt sich ein neuer Tagesablauf ein. Durch das Vollzeit-Arbeiten habe ich natürlich nicht mehr so viel freie Zeit wie noch zur College-Zeit, aber dennoch versuche ich, diese bestmöglich zu nutzen. Ich darf weiterhin im College-Radio eine Schicht übernehmen und bin nun für die Montagmorgen-Show, die von 8 bis 11 Uhr die neue Woche einläutet, zuständig. Zudem bin ich weiterhin im Active Minds Club des Colleges, der sich darum kümmert, den Fokus auf Mental Health Themen zu legen, in dem wir spaßige Aktionen für die Studenten planen, um eine Auszeit vom stressigen Schulalltag zu ermöglich. Ich merke, wie die Zeit rast und es jagt mir einen Schrecken ein, wenn ich daran denke, wie schnell die Zeit seit Anfang des Jahres vergangen ist und dass es gefühlt schon bald wieder nach Hause geht. Deshalb mache ich mir immer wieder bewusst, wie sehr ich die Zeit hier genießen muss, bevor sie gefühlt morgen schon zu Ende geht.
Ein weiterer Monat ist vergangen und es ist einiges passiert. Die Amerikaner haben gewählt, ich habe meinen ersten Wochenendausflug gemacht und die College-Zeit geht schon bald zu Ende. Aber alles der Reihe nach:
Politisches Beben nicht nur in Amerika
Ein zentrales Ereignis, das ich bereits im Vorfeld mit Spannung erwartet habe, war die Präsidentschaftswahl in den USA. Ich lebe hier in einer Region, die traditionell republikanisch wählt – der Wahlkampf hier war also recht unspektakulär. In den ländlichen Teilen Illinois wird meistens „rot“ gewählt und nur durch die geballte Stimmkraft der vielen Menschen in der Region Chicago geht der Staat dann doch unter Umständen mal an die Demokraten. In diesem Jahr hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump mit 80 Prozent der Stimmen in meinem und den umliegenden Countys (Landkreisen) die Wahl eindeutig gewonnen. Die übrigen Staaten der sogenannten Tri-State-Area, zu der neben Illinois auch Indiana und Kentucky gehören, wählten ebenfalls republikanisch und blieben ihrer erwartbaren Linie treu. Der Wahltag an sich war für mich wenig aufregend: Das College war geschlossen und somit war es im sowieso schon ruhigen Mount Carmel noch ein bisschen ruhiger. Es wurde tatsächlich wenig bis gar nicht thematisiert, wie die Wahl ausgegangen ist und eine Klassenkameradin hat mir erklärt, dass sie die Wahl nicht besonders interessant findet, weil am Ende der Bürgermeister ihrer Stadt und die Staatsgesetze sie mehr beeinflussen als „das große Ganze“, das den Präsidenten betrifft. Und irgendwie kann ich das sehr gut nachvollziehen. Schließlich ist Amerika ein sehr großes Land und die Gesetze sind in vielen Staaten sehr unterschiedlich.
Ein anderes politisches Ereignis, womit wohl die wenigsten gerechnet haben, passierte ebenfalls in der gleichen Woche. Die Ampel-Regierung in Deutschland ist zerbrochen, der Kanzler wird im Dezember die Vertrauensfrage stellen und dann wird es Anfang nächsten Jahres vermutlich Neuwahlen geben. Heißt für mich: Ich werde hier in Amerika meine Stimme abgeben. Dafür habe ich diese Woche den Antrag auf Aufnahme ins Wählerregister gestellt, damit ich zur Wahl berechtigt werde und meine Wahlunterlagen hierher gesendet bekomme. Durch die Auflösung meiner Wohnung und der damit verbundenen Verträge war es für mich einfach, mich aus Deutschland abzumelden, darum bin ich nicht mehr im Wählerregister gelistet und muss nun einen Antrag per Post versenden, damit ich wieder aufgenommen werde, auch ohne festen Wohnsitz in Deutschland.

Katharina hat einen Ausflug nach Chicago gemacht. Hier steht sie am Navy Pier. © privat
Ab in die „Windy City“ – Veterans Day bei den Chicago Blackhawks
An einem Wochenende habe ich mit dem International Office einen Ausflug nach Chicago gemacht. Wir waren insgesamt 19 Personen aus vielen unterschiedlichen Ländern und damit eine sehr bunt gemischte Gruppe. Für den Weg haben wir den Amtrak, den amerikanischen Zug, genutzt. Der sieht aus wie eine fahrende, silberne Büchse, ist innen aber sehr gemütlich. Auf zwei Etagen gibt es sehr viel Beinfreiheit, mehrfach verstellbare Sitze, Steckdosen und mehr als eine Toilette pro Abteil, da kann sich die Deutsche Bahn echt ein bisschen was abgucken. Ich habe schon sehr viel Zeit in Zügen verbracht und kann sagen, dass der Amtrak bisher am komfortabelsten war.

Katharina war mit anderen internationalen Studierenden beim Eishockey-Spiel der Chicago Blackhawks. Außerdem haben sie auch die Skulptur The Bean, das Wahrzeichen Chicagos, besucht. © privat
In Chicago waren wir frei in unserer Freizeitgestaltung. Wir haben natürlich die wichtigsten Wahrzeichen wie The Bean und den Navy Pier besucht und haben in Chinatown zum ersten Mal Hotpot gegessen. Am Sonntagabend waren wir dann mit einer größeren Gruppe von 13 Leuten beim Chicago Blackhawks Eishockey-Spiel. Da am Montag der Veterans Day war, trug auch schon am Sonntag das Spiel den Titel „Military Appreciation Night“ (heißt soviel wie Militär-Dankbarkeits-Nacht). Dabei wurden immer mal wieder in den Unterbrechungen Personen, die aktiv in der Armee sind oder die lange dem Militär gedient haben, geehrt. Es war sehr eindrucksvoll zu sehen, welch hohen Stellenwert die Armee und Veteranen in Amerika haben. Beim durch die Stadt schlendern am Montag kam mir ein Mann in Uniform entgegen und ein Passant meinte direkt zu ihm: „Thank you for your service.“ („Vielen Dank für Ihre Dienste.“) Das fand ich eine sehr schöne Geste, die so in Deutschland wohl nicht zu erwarten wäre. Das Wochenende war übrigens auch das erste Mal, dass ich nicht in meinem Dorm-Zimmer übernachtet habe. Zwar habe ich mir auch in Chicago das Zimmer geteilt, aber an einem Abend war ich vor meinen „Mitbewohnerinnen“ zurück und hatte das gesamte Zimmer für mich alleine und einfach mal Ruhe. Das ständige Teilen des Zimmers und die dünnen Wände unseres Apartments sind auf Dauer doch ein wenig anstrengend.
Nur noch ein paar Wochen College
Mittlerweile studiere ich seit zwölf Wochen am College und das Semester neigt sich schon in weniger als einem Monat dem Ende entgegen. Die Kurse machen mir sehr viel Spaß, da wir viel praktisch arbeiten und vielfältige Aufgaben bekommen. Um ein paar Bespiele zu nennen: Ich habe mehrere Nachrichten-Beiträge fürs Radio geschrieben und aufgenommen, einen Radio-Werbespot produziert und ein Videoprojekt umgesetzt. Außerdem habe ich mit zwei Kommilitonen sogenannte Hype-Videos für die Frauen- und Männer-Basketball-Mannschaft des Colleges produziert, die vor den Heimspielen in der Sporthalle gezeigt werden. Gerade arbeite ich an einem Beitrag für unseren College-Fernsehsender, der dann eventuell sogar gesendet wird.

Katharina hat zusammen mit anderen Kommilitonen ein Hype-Video für die Männer-Basketballmannschaft des Colleges gedreht. © privat
Ich finde es schade, dass die College-Zeit so schnell vorbei geht und würde gerne noch weiter lernen, aber ich freue mich auch auf die neuen Herausforderungen, die kommen werden. Gerade beschäftigt mich die Job-Suche sehr, denn mein Ziel ist es, pünktlich im Januar anzufangen zu arbeiten. Außerdem überlege ich, wie ich Weihnachten und Silvester verbringen möchte. Das Studentenwohnheim wird über die Feiertage ziemlich leer sein, da die meisten zu ihren Familien fahren werden. Auch aus meinem Apartment fahren bis auf eine Mitbewohnerin alle zu ihren Familien und Bekannten hier in Amerika und so werden es wohl ruhige Tage werden. Diesen Donnerstag steht aber erst einmal Thanksgiving mit dem internationalen Programm des Colleges an und dann ist nächste Woche auch schon das richtige Thanksgiving. Genaue Pläne habe ich zwar auch noch nicht, aber da wird sich sicher noch was ergeben.
Ein Auslandsjahr will gut vorbereitet sein
Als die Zusage Anfang Februar in mein E-Mail Postfach flatterte, konnte ich es gar nicht so richtig glauben. Ich bin tatsächlich für das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) nominiert worden. Ich bin meiner Patenabgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) sehr dankbar, dass sie mir die Teilnahme ermöglicht.
Die Vorbereitungszeit ging schneller rum, als erwartet. Nach einer online Kick-Off Veranstaltung Anfang März, stand im April das Vorbereitungsseminar mit 25 der 75 Teilnehmenden in Bad Bevensen an, wo wir auf alles vorbereitet werden sollten, was uns in den USA erwarten könnte. Danach wurde das Visum beantragt und alles weitere geplant. Glücklicherweise konnte ich bei meiner Arbeit unbezahlten Urlaub beantragen, sodass ich nach meinen Auslandsjahr dort weiter arbeiten kann. Bei meiner Wohnung musste ich allerdings Nägel mit Köpfen machen und sie komplett aufgeben. Wenn ich also nächstes Jahr zurück nach Deutschland komme, habe ich keine Wohnung mehr, aber immerhin einen Job.
Es geht los!
Ende Juli wurde es dann alles noch einmal realer: Meine letzten Male standen an. Ein letztes Mal Fußballtraining mit meiner Mannschaft, mein letzter Arbeitstag, ein letztes Mal meine Freunde treffen und dann auch ein letztes Mal die Familie sehen. Los gehen würde es dann von Frankfurt. Bis wenige Tage vor Abflug wusste ich immer noch nicht, wo ich in den USA leben würde. Zuerst hieß es Baltimore oder irgendwo in Illinois, dann North Carolina. Zuerst sollte es eine Gastfamilie irgendwo sein und dann kam die Bestätigungsmail: Mount Carmel, Illinois in einem Studentenwohnheim (Dorm). Etwas ernüchtert stellte ich also fest, dass ich nicht bei einer Gastfamilie sondern in alleine in einem Dorf in South Illinois leben würde. Ich habe mich aber nicht allzu viel durch Googeln verrückt gemacht und mir nur gedacht: Schauen wir mal, was wird. Mit mir wurden außerdem noch fünf weitere PPPler am Wabash Valley Community College platziert, sodass ich zumindest nicht komplett auf mich alleine gestellt war.

Das Abenteuer beginnt: Katharina und die anderen PPPler vor dem Abflug am Frankfurter Flughafen. © privat
Und dann war er ja auch schon da: der lang erwartete Abflugtag. Am Morgen des 7. August traf ich zum ersten Mal alle Teilnehmenden des PPP für junge Berufstätige am Frankfurter Flughafen, von wo aus wir gemeinsam nach Washington D.C. flogen.
Anreise mit Hindernissen
Den ersten Abend haben wir alle zusammen im Hotel dort verbracht und am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg nach Georgia. Der Flughafen von Atlanta ist der größte Flughafen der Welt. Dieser Fakt sorgte auch dafür, dass wir, noch bevor wir überhaupt versuchen konnten unseren Anschluss zu bekommen, umgebucht wurden, weil es unmöglich war, dass wir den nächsten Flieger rechtzeitig erreichten. Der freundliche Mitarbeiter vom Kundenservice konnte uns zum Glück noch drei Plätze in der Maschine organisieren, die um zehn Uhr abends gehen sollte. Als dann unser Flieger am Abend endlich abhob und nach ca. 1:20 Sunden in Evansville, Indiana landete, waren wir sehr erschöpft aber auch froh, es geschafft zu haben. Zum Glück holte uns unsere College-Koordinatorin Amanda auch zu dieser späten Stunde noch ab, nachdem sie schon einmal den Weg mit den anderen PPPlern gefahren war. Nach einer einstündigen Fahrt überquerten wir dann die Staatsgrenze zu Illinois und erreichten Mount Carmel. Um kurz nach 23 Uhr hielt der College-Van dann an den Dorms und wir konnten unsere Apartments beziehen.
Holpriger Start
Der nächste Tag war sehr vollgepackt: Nach dem Englisch-Test konnten wir unsere Kurse wählen und den Campus erkunden. Am Nachmittag haben wir dann viel zu viel Geld im Walmart ausgegeben, um unsere Zimmer und Küchen einzurichten. Wir mussten neben Bettzeug, Bettwäsche und Handtüchern auch eine grundlegende Küchenausstattung wie Teller, Gläser und Besteck kaufen. Da an unserem College kein Meal Plan (Verpflegungsplan) angeboten wird, müssen wir uns selbst verpflegen. Unsere Apartments sind mit einer Küche ausgestattet, die wir uns mit den anderen Mitbewohnern teilen. Jedes Apartment hat drei Schlafzimmer, die jeweils mit bis zu zwei Personen belegt sind, und zwei Badezimmer, die unter den Bewohnern aufgeteilt werden. Zu Anfang wohnte ich nur mit Joom zusammen, einer Vietnamesin im zweiten Jahr.
Doch in den folgenden eineinhalb Wochen füllte sich das Apartment weiter mit Leben. Janice, eine Chinesin ebenfalls im zweiten Jahr, bezog ihr Einzelzimmer, Vy fühlte sich durch die gemeinsame Heimat mit Joom verbunden, sodass sie beschlossen, zusammen in einem Zimmer zu wohnen und am Tag der ersten Kurse zog dann Myriam aus dem Kongo mit in mein bzw. jetzt unser Zimmer. Der Start unser gemeinsames Zusammenleben war sehr holprig und wir haben einige Zeit gebraucht, um uns an die Situation zu gewöhnen.

Katharina teilt sich ihr Zimmer mit einer Mitbewohnerin. © privat
In der Anfangszeit fiel es mir schwer, in meinem neuen Umfeld anzukommen. Mount Carmel ist nicht besonders groß und vom Campus bis zum nächsten kleineren Laden läuft man mindestens 30 Minuten one-way. Zum nächsten Walmart braucht man 20 Minuten mit dem Auto. Auf dem Campus-Gelände ist auch nicht besonders viel los, das zeigt sich besonders am Wochenende deutlich. Unter der Woche ist der Parkplatz zu den Dorms sehr gut gefüllt, doch kaum kommt der Freitag, verlassen sehr viele Studierende die Stadt, um zu ihren Freunden und Familien in die Heimat zu fahren. Auch wenn ich versucht habe, es nicht direkt negativ aufzufassen, stellte sich nach gut eineinhalb Wochen eine gewisse Enttäuschung ein. Das Abenteuer Auslandjahr hatte ich mir einfach deutlich aufregender vorgestellt. Dazu kommt, dass meine College-Kurse nur auf zwei Tage die Woche fallen und ich somit sehr viel Zeit zur freien Gestaltung habe. Nicht wirklich mobil zu sein, gab mir das Gefühl „festzustecken“, und ich zweifelte etwas an der Entscheidung, nach Amerika gekommen zu sein.
Das neue Leben nimmt Fahrt auf
So einfach würde ich aber natürlich nicht aufgeben! Geändert hat sich dieses Gefühl schließlich, als dann die Kurse richtig begonnen haben und aus meiner Gruppe von PPPlern die ersten ein Auto hatten. Bei meiner Kurswahl konnte ich vier passende Fächer zu meinem eigentlich Beruf wählen. Der erste Kurs heißt „Broadcasting Tech“ und darin lernen wir ein wenig die verschiedenen Schnittprogramme und die Technik kennen und bekommen auch praktische Aufgaben. Der zweite Kurs heißt „Announcing“, dabei geht es um Moderation, das Kommentieren von Sportevents und Vertonen von Aufnahmen. Der dritte Kurs ist eine „Broadcast Journalism Class“, in der wir die Grundlagen von journalistischer Arbeit erlernen. Nachdem ich in meiner Ausbildung hauptsächlich die technische Seite von „Fernsehen machen“ kennen gelernt habe, freue ich mich sehr, nun mehr über die inhaltliche Seite zu lernen. Der vierte Kurs heißt „Applied Broadcasting“, also soviel wie „angewandte Übertragung“. Dabei übertragen wir fast alle Heimspiele der College-Mannschaften in Volleyball, Fußball und Basketball, aber gestalten auch das Programm des Radio-Senders des Colleges. Dadurch füllte sich meine Woche ein wenig mehr mit Aufgaben neben den normalen Stunden im Klassenraum.
Relativ zeitgleich mit dem Beginn des Semester habe ich dann auch mein erstes Ehrenamt übernommen. Ich habe für die Fall Season über einen Zeitraum von sechs Wochen eine Fußballmannschaft von kleinen Kickern im Alter von acht bis zwölf Jahren trainiert. Einmal die Woche hatten wir ein Training und am Wochenende gab es ein Spiel. Es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht und es ist schade, dass es jetzt schon vorbei ist.

Durch Ausflüge mit dem Auto und ihre ehrenamtliche Arbeit als Fußballtrainerin hat Katharina sich einen neuen Alltag aufgebaut. © privat
Anders als erwartet
Mit den Autos waren wir auf einmal unabhängiger und konnten unsere Wochenenden aufregender gestalten und haben Tagesausflüge nach Louisville (Kentucky), St. Louis (Missouri) und Indianapolis (Indiana) gemacht. Ich bin sehr dankbar, dass wir uns in unserer Gruppe so gut verstehen. Mit meinen Mitbewohnerinnen hat es einige Wochen gebraucht, um sich anzunähern, aber jetzt verstehen wir uns sehr gut. Nur mit Amerikanern habe ich bisher nicht so wirklich freundschaftlichen Kontakt – sie sind immer sehr freundlich, aber bleiben dennoch lieber unter sich. Meine Freundschaftssituation ist also etwas anders, als ich erwartet habe.

Katharina hat nun ein eigenes Auto. Einen Ford Fiesta, der „King Bob“ genannt wird. © privat
Seit zwei Monaten bin ich nun in Mount Carmel und ich muss sagen: Ich habe mich mittlerweile sehr gut eingelebt. Die Kurse machen mir sehr viel Spaß und ich kann neue Dinge ausprobieren und meine Erfahrungen erweitern. Seit einer Woche habe ich nun auch ein eigenes Auto und kann Amerika noch einmal unabhängiger erkunden, ohne auf andere angewiesen zu sein. Zu Anfang dachte ich noch, dass ich für die Job-Phase meines Auslandsjahres umziehen möchte, aber mittlerweile hat sich das gelegt. Die Zeit vergeht echt wahnsinnig schnell und ich freue ich auf alles, was noch auf mich zukommt.